DFG/FWF-Projekt Untertanensuppliken am Reichshofrat

Kaiser Rudolfs II. (1576-1612)

Einleitung Datenbank

Inhaltsverzeichnis

  1. Zielsetzung
  2. Inhalt
  3. Erschließung und Verzeichnungstiefe
  4. Erläuterungen zu den einzelnen recherchierbaren Feldern
  5. Gebrauchsanweisung „Suche“
  6. Dank

1. Zielsetzung

Die vorliegende Datenbank dokumentiert Ergebnisse eines DFG – FWF – Forschungsprojektes zu „Untertanensuppliken am Reichshofrat Kaiser Rudolfs II.“, das in den Jahren 2012 bis 2015 an den Universitäten Eichstätt und Graz durchgeführt wurde. Von Anbeginn war es uns ein Anliegen, dass die Erfassung der Aktenbestände nicht nur die Bearbeitung der Fragestellungen des Projekts ermöglicht, sondern auch die Quellen einer größeren – vor allem, nicht nur – wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich macht und in einer Form präsentiert, die für die verschiedensten wissenschaftlichen Zugänge nutzbar ist.

Wenn, wie Patrick Sahle jüngst argumentierte, „(d)igitale Medien und Online-Publikationen (…) ihre Stärken (…) besonders dann ausspielen (können), wenn Texte unmittelbar mit visuellen Informationen verknüpft sind, wenn Texte untereinander oder mit ihren Kontexten verbunden sind und wenn es nicht um einzelne abgeschlossene Texte, sondern um größere Überlieferungsbestände geht“, (Digitale Editionsformen, T. 2, 2013, 172), dann formuliert er das Programm, das in dieser Datenbank für eine nicht-serielle Quellengruppe der neuzeitlichen Geschichte (unseres Wissens) erstmals in die Tat umgesetzt wurde. Insofern besitzt die Datenbank den Charakter einer Pionierarbeit, die sich auch als Beitrag zu den Debatten um das Edieren historischer Quellen im digitalen Zeitalter versteht. Ein vergleichbares Vorhaben für mittelalterliche Petitionen, vor allem des 13. und 14. Jahrhunderts, wurde in Kooperation der National Archives (Kew) und der Universität York (William Mark Ormrod) in den Jahren 2003 bis 2007 (Special collections: Ancient petitions) in Großbritannien realisiert.

2. Inhalt

Erfasst wurden sämtliche Verfahren, die sich in den Beständen der Judizial- wie Gratialserie der deutschen Expedition des Reichshofratsarchivs aus der Regierungszeit Kaiser Rudolfs II. (1576-1612) finden (im Detail: http://dh.uni-graz.at:443/suppliken/de/akten/tektonik). Die einzelnen Verfahren wurden auf der Grundlage der in analoger wie digitaler Form vorliegenden Fundbehelfe erschlossen. Auf diesem Wege konnte die überwältigende Mehrheit der Suppliken, die an den Kaiser gerichtet wurden, gesichtet werden.

Von den ca. 8000 Verfahren, die überliefert wurden, sind in der Datenbank diejenigen dokumentiert, die:

  1. von Personen oder Personengruppen eingebracht wurden, die zum Zeitpunkt ihres Vorstellig-werdens nicht der sozialen Schicht des Adels angehörten (ca. 4000 Verfahren) und die üblicherweise in der Forschung mit dem Begriff der „Untertanen“ kategorisiert werden,
  2. in der Regierungszeit Kaiser Rudolfs II. eröffnet wurden;
  3. zumindest eine Supplik, gleichgültig in welcher diplomatischen Form (Entwurf, Kopie, Original), enthalten.

3. Erschließung und Verzeichnungstiefe

Die Archivsystematik bestimmt die Form der Erfassung in der Datenbank. Die Regel ist, dass ein Vorgang des Fundbehelfs als ein Vorgang in der Datenbank abgebildet wird. Diese Regel wurde auch dann beibehalten, wenn zusammengehörende Verfahren archivisch auf verschiedene Bestände aufgeteilt wurden. Die Datenbankrecherche gibt sie jedoch als zusammengehörig zu erkennen. Abgewichen wurde von dieser Regel nur, wenn mehrere Untertanen unabhängig voneinander in einem Verfahren mit Suppliken einkamen. In einem solchen Fall wurde für jeden supplizierenden Untertan ein Vorgang angelegt.

Mit Ausnahme des Bestands „Impressorien“, der durch die Verzeichnung von Hans-Joachim Koppitz (Die kaiserlichen Druckprivilegien […] vom Anfang des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Deutschen Reichs (1806), 2008) bereits gut erschlossen ist und auf dieser Grundlage verzeichnet wurde, wurden alle Angaben zu den einzelnen Supplikantinnen und Supplikanten, zum Verfahrensverlauf und zum Gegenstand des Verfahrens in der Datenbank erfasst. Einzig bei umfänglichen Verfahren fanden nur die Informationen aus der ersten bzw. fallweise auch den ersten beiden Suppliken Eingang in die Datenbank. Bestanden Zweifel so wurde dies mit „unsicher“ gekennzeichnet, wurden Angaben aus dem Kontext „erschlossen“, so ist dies ebenfalls ausgewiesen.

4. Erläuterungen zu den einzelnen recherchierbaren Felder

Die Schreibung aller recherchierbaren Felder wurde normalisiert, so auch die Namen und Titel der Supplikanten.

1. Namen und Namenszusatz: Hier sind sowohl Abfragen zu den Vornamen als auch zu den Nachnamen möglich. Unter Namenszusatz finden sich Angaben wie zum Geburtsnamen („geb.“), aber auch Namenszusätze im engeren Sinne wie z.B. „der Ältere“ oder „genannt“.

2. Herkunft/Herrschaft: Herkunft bezieht sich auf den Ort, aus dem der/die SupplikantIn stammt. Herrschaft bezeichnet die Obrigkeit, die im jeweiligen Ort die Landesherrschaft ausübte. In Verfahren, in denen der/die SupplikantIn keine Angaben zum Herkunftsort, wohl aber zu seiner/ihrer Landesherrschaft machte, findet sich diese Angabe auch unter „Herkunft“. Fehlen in den Quellen Angaben zu Herkunft und Herrschaft, so wurde dies mit „keine Angabe“ vermerkt. Supplikanten mit mehreren Aufenthaltsorten wurden als „mobil“ bezeichnet.

2.1 Zuordnungsgrundsätze: Die Zuordnung zu einem Herkunftsort bzw. einer Landesherrschaft erfolgte danach, wo das erste verfahrensauslösende Moment – im Wortsinn – zu verorten ist. Beispiel: Eine aus Y ausgewiesene an einem Ort X lebende Person wurde herkunfts- und herrschaftsmäßig unter Y rubriziert. Orte, an denen die Landesherrschaft von verschiedenen Herrschaftsträgern in Konkurrenz beansprucht wurde, erscheinen mit dem Zusatz „strittig“. Bei allen anderen Verfahren wurde, aus pragmatischen Erwägungen, die Zuordnung der Herkunftsorte zur jeweiligen Landesherrschaft auf der Grundlage von Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder, München 72007 vorgenommen. Dass Köbler den Status einzelner Herrschaftsträger in einer Art und Weise vereindeutigt, die für den Untersuchungszeitraum noch nicht bzw. nicht mehr zutrifft, sei aber nachdrücklich betont (vor allem bei der Klassifizierung einzelner Städte als „Reichsstadt“).

2.2 Bezeichnung der Herkunft: Bei heute eingemeindeten Orten wurde die aktuelle kommunale Zugehörigkeit in eckigen Klammern ergänzt, z.B. Amsdorf [Seegebiet Mansfelder Land]. Zur eindeutigen Zuordnung wurde zu einigen Ortsnamen ein Bezugsort genannt, z.B. Altendorf b. Bamberg. Bestandteile heutiger Ortsnamen wurden durch „/“ gekennzeichnet, z.B. Frankfurt/Main. Orte, die sich mittlerweile außerhalb des deutschsprachigen Raums befinden, wurden in der jeweiligen Landessprache angegeben und die deutsche Entsprechung in Klammern ergänzt, z.B. Kolobrzeg (Colberg). Konnte ein in der Quelle genannter Ort nicht zugeordnet werden, wurde der Ortsname ohne Normalisierung übernommen und mit „nicht lokalisierbar“ gekennzeichnet.

2.3 Bezeichnung der Herrschaften/Herrschaftsträger: Einträge in dieses Feld wurden in der Regel aus der Herkunft eruiert. Haben Reichsritter die Herrschaft inne, so scheinen diese in der Datenbank als „Freiherren von a (Ritterkreis b)“ auf. In Hinblick auf die Herrschaft des Hauses Österreich wird unterschieden:

a) oberösterreichische Ländergruppe: Tirol und Vorderösterreich. Die vorderösterreichischen Herrschaftskomplexe wurden nicht weiter detailliert. (Residenz Innsbruck);

b) innerösterreichische Ländergruppe: Steiermark, Kärnten, Krain, Görz (Residenz: Graz);

c) Österreich ob und unter der Enns (Erzherzogtum) mit Böhmen und dem königlichen Ungarn (Residenz: Prag). Dem weit verbreiteten Sprachgebrauch folgend wird „Österreich ob der Enns“ als Oberösterreich bezeichnet, „Österreich unter der Enns“ als Niederösterreich.

d) der Kaiserhof wurde folgendermaßen zugeordnet: Österreich/Böhmen, Königreich – Kaiserhof.

3. Funktion: Berufliche und damit oftmals einhergehende soziale Zugehörigkeit wurden dokumentiert, indem folgende analytische Oberkategorien gebildet wurden: Amtsträger, Bauer, Bergwerks- und Hüttenwesen, Berufe, Diener, Handel, Handwerk, Jagd- und Forstgewerbe, Kleriker, Militär, Unterschicht. Differenzierungen innerhalb dieser Oberkategorien gibt die Suchmaske bei entsprechender Abfrage zu erkennen. Geben die Akten Aufschluss über verschiedenartige berufliche Tätigkeiten eines Antragstellers, so wurden diese vollständig dokumentiert.

4. Gegenstand: Ausgewiesen wurde hier das Geschehen, das in der Narratio als Ursache der Supplikation benannt wurde, nicht das Geschehen, das den unmittelbaren Anlass zum Supplizieren bot. Beispiel: Ein Supplikant, der gegenüber einem Dritten eine Schuldforderung hat, kommt wegen Rechtsverweigerung der zuständigen Instanz beim Reichshofrat ein. Gegenstand in diesem Fall ist „Schuldforderung“ und nicht „Rechtsverweigerung“. Nur in den wenigen Fällen, in denen die Narratio die Ursache nicht zu erkennen gibt, wurde der Supplikationsanlass als Gegenstand ausgewiesen. Als zweiter Bestandteil des Gegenstandes scheint auf, was in der Petitio vom Kaiser erbeten wird. Wird Mehreres erbeten, so wird dies entweder aufgezählt oder in Verfahren, in denen die Bitten zu vielgestaltig waren, mit „u.a.“ gekennzeichnet.

5. Gebrauchsanweisung „Suche“

Die Suchfunktionalitäten der Datenbank erlauben es, nach „Supplikanten“, „Verfahren“ und „Akten“ zu suchen. Je nach gewählter Suche liefert die Datenbank unterschiedliche Ergebnisse.

1. Die Suche über „Supplikanten“ dokumentiert: alle Verfahren, in die die gesuchte/n Person/en involviert waren. Das Ausfüllen mehrerer Suchfelder (z.B. Herkunft, Gegenstand, Familienstand) ermöglicht es, die Suche einzuschränken. Indem sie das gewünschte (blau hinterlegte) Feld „Verfahren“ anklicken, kommen sie zur Detailansicht, die die Archivsignatur beinhaltet. Wenn sie die Archivsignatur anklicken, gelangen sie zu den, zum jeweiligen Verfahren gehörenden digitalisierten Quellen.

Neben den Suchfunktionen findet sich auch das Feld Tabelle, in der alle Treffer, jeweils nach Supplikanten/Verfahren/Akten (=Signatur) gelistet, erscheinen und auch sortiert werden können.

Die URL erlaubt bei dieser, wie auch bei den anderen Suchen, die eindeutige Referenzierung. Allen Suchen ist eine detaillierte Beschreibung der Suchmöglichkeiten auf der rechten Seite beigegeben. Nota bene: Bitte beachten sie die Erläuterungen zu den Trunkierungen!

2. Die Suche „Verfahren“ liefert alle Verfahren (ganz unterschiedlicher Personen) zum gesuchten Gegenstand. Wenn sie den gesuchten Gegenstand nicht finden, so können sie sich alle Gegenstände in alphabetischer Reihenfolge anzeigen lassen, indem sie die Suche durchführen, ohne in das Feld „Gegenstand“ einen Suchbegriff einzutragen.

3. Die Suche „Akten“ können sie nutzen, um sich eine spezifische Archivsignatur anzeigen zu lassen. Diese Suche erlaubt es zudem, sich über die Archivtektonik durch die Datenbank zu bewegen. Die Trefferliste führt aber auch, wenn sie zu einem spezifischen Gegenstand oder Supplikanten suchen, zu allen Archivsignaturen, die Quellen zum gesuchten Gegenstand oder Supplikanten beinhalten.

Und ansonsten – einfach ausprobieren! Wir wünschen spannende Entdeckungen!

6. Dank

Vielfältige Hilfe und Unterstützung wurde uns zuteil, ohne die die Datenbank in der vorliegenden Form nicht hätte realisiert werden können. An erster Stelle sind die wissenschaftlichen Projektmitarbeiter Ulrich Hausmann (Eichstätt) und Thomas Schreiber (Graz) sowie die wissenschaftliche Hilfskraft, Tina Patz (Eichstätt), zu nennen, ohne deren großes Engagement es nicht möglich gewesen wäre, die vorliegende Datenbank in der Projektlaufzeit zu präsentieren.

Wenn es, wie jüngst ebenfalls argumentiert wurde, zwingend erforderlich ist, „Entwicklungsumgebungen für bestimmte Dokument- oder Textsorten, bestimmte Editionskonzepte und bestimmte Nutzungsformen zu schaffen“ (Sahle, ebd., 257), so wird deutlich, dass ohne die Kooperation mit dem Zentrum für Informationsmodellierung in den Geisteswissenschaften / Austrian Center for Digital Humanities“ (Graz) dieses Ziel nicht zu erreichen gewesen wäre. Wir sind seinem Leiter, Hubert Stigler, ebenso wie dem weit über das erwartbare Maß hinaus für „unser“ Projekt engagierten Gunter Vasold, der die vorliegenden Datenbank federführend erarbeitete, daher zu großem Dank verpflichtet. Danke auch für die große Geduld, mit der noch der -zigste Wunsch nach Adaptierung der Datenbank an das Editionskonzept ertragen wurde!

Dass die mit dem digitalen Wandel einhergehenden faszinierenden Möglichkeiten nur in die Tat umgesetzt werden können, wenn die Archive, die die Quellen verwahren, in unserem Fall das Österreichische Staatsarchiv, Haus-, Hof und Staatsarchiv Wien (HHSTAW), zur Kooperation bereit sind, versteht sich von selbst. Für die umfassende Unterstützung, die uns von Seiten der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs, namentlich von Herrn Generaldirektor Wolfgang Maderthaner, sowie dem Leiter des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Thomas Just, zuteil wurde, unser sehr herzlicher Dank. Dank auch an alle Mitarbeiter des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, die dem Aktenhunger der Projektmitarbeiter mit großem Verständnis begegneten!

Ohne die Kooperation mit dem von Wolfgang Sellert (Göttingen) geleiteten Projekt zur Erschließung der Reichshofratsakten und die Möglichkeit, auch noch nicht publizierte Erschließungsergebnisse einsehen zu dürfen, wäre es nicht möglich gewesen, das Projekt in nur drei Jahren zu erarbeiten. Herzlichen Dank für die unbürokratische Unterstützung, insbesondere an Eva Ortlieb (Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs, Wien), die uns nicht nur an ihrer umfassenden fachlichen Expertise teilhaben ließ, sondern uns auch mehrfach für Arbeitsbesprechungen in Wien beherbergte.

Die Kommission für Neuere Geschichte Österreichs stellte die finanziellen Mittel zur Verfügung, die für die Einbindung der Scans in die Datenbank erforderlich waren. Der Vorsitzenden der Kommission, Brigitte Mazohl (Innsbruck), sei daher stellvertretend für den ganzen Vorstand der Kommission ebenfalls unser ganz herzlicher Dank ausgesprochen.

Gabriele Haug-Moritz / Sabine Ullmann