Kurzbeschreibung
Das Projekt fokussiert mit der kaiserlichen Gnadengewalt einen bislang übersehenen und in der Folge geradezu negierten Baustein der politischen Ordnung des Reiches. Die daraus erwachsenen Suppliken von Untertanen, die sich als Einzelpersonen oder als ad hoc gebildete Gruppen an den Reichshofrat wandten, bilden den Gegenstand des Forschungsvorhabens. Diese werden für die Regierungszeit Kaiser Rudolf II. (1576-1612) in einer länderübergreifenden Kooperation systematisch erfasst und in Form einer Datenbank präsentiert. In den Texten manifestiert sich eine autoritative Macht des Kaisers nicht nur gegenüber den bislang meist thematisierten Reichsständen, sondern auch gegenüber der reichsmittelbaren Bevölkerung. Die Rekonstruktion, Analyse und Erklärung dieses Handlungsmusters zwischen dem Kaiser und den Untertanen steht im Mittelpunkt.
Methodisch schließt das Projekt an die in den vergangenen Jahren international diskutierten Ansätze einer Kulturgeschichte des Politischen an. In seinem inhaltlichen Zuschnitt verknüpft es die Forschungen zum frühneuzeitlichen Supplikenwesen mit den Arbeiten zur monarchischen Herrschaftsausübung sowie deren institutionellen Kontexten. Über zwei Teilprojekte wird das dem Vorhaben zugrunde liegende Verständnis von politischer Kommunikation fruchtbar gemacht. Die im Kommunikationsakt „Supplik“ kondensierten Sinnzuschreibungen werden zum einen aus der Perspektive der supplizierenden Untertanen, zum anderen aus der des kaiserlichen Adressaten erschlossen.